„Torfersatz ist ein großes Thema“
Gärtnern ohne Torf
Lieber Christian Günther, verantwortungsvolles Handeln und Nachhaltigkeit sind zentrale Themen, die die spoga+gafa 2024 prägten. Inwieweit beschäftigt sich Ihr Unternehmen mit diesen Aspekten bzw. welche weiteren Themen sind für Sie von besonderer Bedeutung?
Ein großes Thema, das uns und unsere Branchenkollegen seit einigen Jahren intensiv begleitet, ist der Torfersatz. So haben wir die politische Vorgabe, dass bis 2026 kein Torf mehr in Erden für den Fachhandel verwendet wird. Diese Vorgabe wird nun durch den Handel noch verstärkt: Große Handels- und Lebensmittelketten haben sich vorgenommen, bereits bis 2025 keine torfhaltigen Produkte mehr anzubieten. Das betrifft Erden, aber auch Topfpflanzen. Für uns und unsere Kunden im Produktionsgartenbau bedeutet dies, dass Produkte hergestellt werden müssen, die in torffreien Erden kultiviert sind. Insgesamt geht die Entwicklung dahin, dass Torf wirklich nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt wird, obwohl es noch keine vollständigen Alternativen gibt.
Konsequenzen für Hersteller
Was hat das für Konsequenzen?
Mit Torf hatten wir einen sehr einfachen Rohstoff: Man fügte Kalk hinzu, um den pH-Wert einzustellen, und gab Dünger dazu. Sobald ich aber anfange, Torf zu ersetzen – sei es durch Ton, Holzfasern, Kompost, Rindenhumus oder Kokos – verlasse ich die Einfachheit der Komponente und muss zwei, drei, vier oder mehr Komponenten miteinander kombinieren. Jeder einzelne Rohstoff hat dabei bestimmte positive und weniger positive Eigenschaften. Unsere Aufgabe als Hersteller ist es, die Rohstoffe in den richtigen Anteilen und mit den richtigen Eigenschaften zu kombinieren. Das Gleiche gilt für die Dünger, die wir hinzufügen, um eine gebrauchsfähige Erde herzustellen.
Aufklärung des Fachhandels
Sehen Sie das Interesse und die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher allein aus Umweltsicht oder weil es notwendig ist?
Ich denke, es gibt mehrere Facetten. Einerseits gibt es Kunden, die gezielt nach torffreien Produkten suchen und sich damit auskennen – sie kommen mit einer klaren Vorstellung ins Gartencenter. Es gibt aber auch viele Kunden, denen eine torffreie Erde nicht wichtig ist. Unser Ansprechpartner bei diesem Thema ist eher der Fachhandel, den wir schon auf das Thema aufmerksam machen. Wir klären auf und führen Schulungen durch – immerhin ist es auch ein Verkaufsargument, wenn man sich heute schon torffrei präsentieren kann. Und so gibt es bereits viele Händler, die torfreduzierte und torffreie Substrate parallel anbieten. Klassische, reine Torfsubstrate gibt es kaum noch auf dem Markt.
Gebrauchsfertige Erde für Gartenpflanzen (Bild: Daniel Hajdacki auf Unsplash)
Ausblick auf die weitere Entwicklung
Wie sehen Sie die Entwicklung in den kommenden Jahren? Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Durch die Umstellung auf torffreie Erden wird die Nachfrage nach den einzelnen Komponenten stark zunehmen. Diese werden aber auch von anderen Industriezweigen nachgefragt. Diese Konkurrenz wird sich natürlich auch auf die Preise und die Verfügbarkeit auswirken. So wird Kompost beispielsweise nicht nur in der Landwirtschaft als Dünger, sondern auch in Biogasanlagen zur Energiegewinnung genutzt. Ähnliches gilt für Holzfasern, die sowohl in unserer Produktion als auch zur Pelletherstellung verwendet werden.
Was bedeutet das für Ihre Produkte?
Auch die Produktorganisation ist von dieser Entwicklung betroffen. Wir benötigen jetzt vielfältigere Mischanlagen und mehr Lagerfläche, da wir mehrere Rohstoffe vorhalten müssen. Gleichzeitig hängt die Verfügbarkeit von Rohstoffen wie Rindenhumus stark vom Holzeinschlag und Ereignissen wie Borkenkäferbefall ab. In Zeiten intensiven Schädlingsbefalls fehlt die Rinde, was die Produktionsorganisation komplizierter macht. Obwohl es alternative Rohstoffe wie Brennnesselstroh, Hanfstroh oder Miscanthus gibt, sind diese momentan keine ausreichende Option für die gesamte Branche. Laut einer Studie der IVG können nur etwa zehn Prozent der jährlich produzierten neun Millionen Kubikmeter Substrat durch andere Rohstoffe ersetzt werden. Ein vollständiger Ersatz von Torf ist derzeit technisch nicht möglich, da alternative Rohstoffe nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
Komponenten für den Gartenbau auf der spoga+gafa (Bild: Koelnmesse GmbH)
Neue torffreie Produkte
Welche Produkte haben Sie neu im Sortiment und was ist das Besondere daran?
Wir haben ein neues Produkt für den Innenbereich auf den Markt gebracht: eine torffreie Zimmerpflanzenerde ohne organischen Dünger und ohne Kompostanteil. Diese Erde ist stabiler im Hinblick auf Trauermücken, da Kompost diese eher anzieht. Außerdem bieten wir in unserer Produktpalette eine komplett torffreie Naturerde, die ausschließlich organisch gedüngt ist. Ein weiteres neues Produkt ist ein Abdeckmaterial als Alternative zu Mulch, das die Wasserverdunstung aus dem Boden reduziert.
Networking auf der spoga+gafa
Hilft Ihnen eine Messe wie die spoga+gafa, die aktuellen Herausforderungen zu meistern?
Zum einen ist die Messe sehr gut, um bestehende Kontakte zu pflegen und Neuheiten vorzustellen. Zum anderen ist das Networking wichtig, um Kontakte zu anderen Lieferanten oder Besuchern aus dem Ausland zu knüpfen. Auf der vergangenen spoga+gafa habe ich beispielsweise mit mehreren Anbietern gesprochen, die interessante Komponenten oder Rohstoffe anbieten oder sich für unsere Produkte interessieren. Gerade dieses Networking, diese persönlichen Gespräche auf Messen sind sehr wertvoll und bringen viel mehr als eine E-Mail oder ein Telefonat. Der Kunde kann uns so besser vermitteln, was er genau benötigt. Insofern haben Messen wie die spoga+gafa einen sehr hohen Stellenwert für uns.
Christian Günther von Patzer Erden (Bild: Koelnmesse GmbH)
Autor
Leif Hallerbach I Broekman+Partner