„Gartenarbeit muss auch Freude bereiten„
Gartenpflege zum Genießen
Frau Mensing-Meckelburg, welche Entwicklungen haben Sie in den letzten Jahren in der Grünen Branche und im Kaufverhalten beobachtet?
Wenn ich ein paar Jahre zurückblicke, befinden wir uns mitten in der Corona-Pandemie. Ich glaube, dass wir in dieser Zeit mehr junge Leute gewonnen haben: Viele von ihnen sind auf den Geschmack gekommen, selbst anzubauen. Auch wenn das nicht zur Selbstversorgung führt, so viele Tomatenpflanzen kann man gar nicht anbauen, sind die Leute stolz darauf, ihre eigenen Tomaten zu ernten. Der eigene Anbau von Gemüse und Kräutern hat in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erlebt. Vor allem junge Familien achten zunehmend auf gesunde Ernährung, mehr vegetarische Kost und eigenen Anbau.
Worin liegt Ihrer Meinung nach die Ursache für diesen Trend?
Es geht vermehrt darum, Freude am Gärtnern zu haben und nicht nur Arbeit darin zu sehen. Was uns zu einem anderen Thema bringt: Schottergärten. In manchen Regionen sind sie schon verboten, das ist auch wichtig. Jetzt geht es darum, Produkte anzubieten, die pflegeleicht sind und trotzdem Freude machen. Es darf nicht nur wie Arbeit oder Gartenarbeit wirken, es muss auch Freude bereiten und man muss es genießen können.
Inwiefern spielt Ihnen das Verbot von Schottergärten in die Karten, oder kann man das nicht so einfach sagen?
Die Regelung ist bisher noch regional und nicht bundesweit, aber prinzipiell finde ich sie gut. Es gibt viele Alternativen zu Pflanzen, die den Boden bedecken und gleichzeitig Wasser aufnehmen können. Unter Schotter muss man Folien legen, um Unkraut zu verhindern – das beeinträchtigt die Regenwasserspeicherung. Pflanzen bieten hier viele Vorteile.
„Der eigene Anbau von Gemüse und Kräutern hat in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erlebt.“ (Bild: Foto von David Lang auf Unsplash)
Zunahme nachhaltiger Praktiken
Wie schätzen Sie die zukünftige Bedeutung der Themen Klima und Nachhaltigkeit für die Branche ein?
Die Themen Klima und Nachhaltigkeit werden in Zukunft zweifellos an Bedeutung gewinnen. Viele Gemeinden setzen bereits auf nachhaltige Maßnahmen, indem sie beispielsweise vermehrt Stauden nutzen, anstelle von saisonalen Pflanzen. Auch im heimischen Garten gibt es Potenzial für nachhaltige Praktiken. Statt Pflanzen wie Rosen zu entsorgen, sollten sie im Garten eingepflanzt werden, wo sie Jahr für Jahr wiederkehren. Die Verwendung von mehrjährigen Pflanzen ist ein wichtiger Schritt in Richtung Ressourcenschonung.
Wie steht es um das Thema Recycling?
Im Bereich der Wiederverwendung von Materialien sehen wir ähnliche Entwicklungen. Bauholz oder Abfallholz kann zu neuen Produkten verarbeitet werden, und auch Kunststoffe, die einfach recycelbar sind, bieten großes Potenzial. Selbst Tontöpfe finden durch kreatives Upcycling neue Verwendungszwecke. Es ist entscheidend, dass wir zukünftig noch stärker darauf achten, Ressourcen im Kreislauf zu halten, anstatt sie einfach zu verbrennen.
„Die spoga+gafa leistet gute Arbeit, indem sie die Branche zusammenbringt“ (Bild: Koelnmesse GmbH)
Förderung des Branchenaustauschs
Wie kann die Branche bzw. die spoga+gafa einen Schub in die richtige Richtung geben?
Nachhaltigkeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Die technologische Entwicklung schreitet voran und macht vieles einfacher. Es braucht zudem Druck von außen, um Veränderungen zu bewirken, wie zum Beispiel das Recycling von Pflanztöpfen. Das ist ein langer Weg, der nicht von heute auf morgen zu bewältigen ist. Die spoga+gafa leistet gute Arbeit, indem sie die Branche zusammenbringt und den Austausch fördert. Wenn man mit offenen Augen über die Stände geht, entdeckt man immer etwas Neues und bekommt Anregungen für das eigene Gartencenter. Es ist wichtig, rauszugehen und sich auszutauschen. Als Netzwerkverband ist es uns wichtig, Menschen auf nationaler und internationaler Ebene zusammenzubringen – dafür bietet die spoga+gafa die ideale Plattform.
Beim Ausbildertag 2024 des VDG besuchten die Teilnehmenden Gartenbetriebe. (Bild: Verband Deutscher Garten-Center VDG)
Begeisterung für Kundenansprache
Welche Themen liegen Ihnen sonst noch am Herzen?
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist die Aus- und Weiterbildung. So testen wir beispielsweise den Einsatz von VR-Brillen, um deren Akzeptanz und Potenzial für unsere Kunden und Mitglieder zu ermitteln. Der Fokus liegt dabei auf dem Dialog: Wie gelingt der direkte, authentische Kontakt mit dem Kunden? Digitale Hilfsmittel können dabei unterstützen, im echten Leben besser auf Menschen einzugehen. Bei unseren Ausbildertagen besuchen die Teilnehmenden Produktions- oder Gartenbetriebe, um besser zu verstehen, wo die Produkte herkommen. Wenn man für etwas brennt und diese Begeisterung auf andere übertragen kann, dann läuft es. Man kann nur verkaufen und überzeugen, wenn man selbst begeistert ist. Die meisten Kunden brauchen eine einfache Ansprache, damit sie Erfolgserlebnisse haben und die Lust am Gärtnern nicht verlieren.
Ist es schwieriger geworden, diese Leidenschaft bei den Menschen zu entfachen, oder muss man es heute einfach anders angehen?
Man muss sich für die Branche interessieren und das auch zeigen. Früher hat man in der Schule für den Lehrer gelernt, nicht für das Fach. Wenn man heute den Entdeckergeist und die Freude wecken kann, indem man begeistert von den eigenen Erfolgen erzählt, dann sind die Leute stolz und wollen es selbst ausprobieren. Jeder will Anerkennung, und die kann man auch durch solche Geschichten bekommen.
Autor
Leif Hallerbach I Broekman+Partner